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Die Magie des Singens

Magie des Singens

Liebe Sängerinnen, liebe Sänger,

alle lieben den Sänger. Es ist immer so. In jedem Konzert passiert es, der Solist verzaubert die Herzen seiner Hörer. Es ist jedesmal wunderbar. Es ist, als würden sich die Seelen verbinden und in einer Weise in Kontakt sein, von der unsere rechte Gehirnhälfte nichts weiß. Was passiert da? Wann passiert es? Wie fühlt sich das an und warum finden wir das so schön und spannend? Was ist „Die Magie des Singens“?

Mensch und Stimme

„Persono“ (lateinisch bei Tacitus) heißt „Seine Stimme erschallen lassen“. Wir sind eine Person wegen unserer Stimme. Oder anders: andere können unsere Persönlichkeit wahrnehmen, weil wir sprechen. Natürlich kann man seine Persönlichkeit auch anders als mit Schallwellen ausdrücken. Aber das ist die intuitive und unmittelbare Art. Babys bringen uns das bei. Der Klang des Schreiens kann vom geübten Ohr zugeordnet werden: Hunger, Windel, neuer Zahn, Langeweile, müde. Und auch ohne Worte haben diese kleinen Wesen schon Persönlichkeit – und was für eine.

Wir können über die Stimme unglaublich viele Informationen weitergeben, aber auch genauso von unserem Gegenüber erfassen. Die genaue Tonhöhe verrät uns, wie müde oder ausgeruht jemand ist. Klingt die Stimme angespannt, ist jemand gereizt. Redet jemand schnell, ist sie aufgeregt. Sind wir traurig und haben einen Kloß im Hals, klingt unsere Stimme völlig anders. Vielleicht wird auch deshalb soviel übers Wetter geredet. Es geht nicht um den Sachinhalt der Worte. Wir nutzen ein Thema, um diese anderen emotionalen Informationen miteinander auszutauschen – und natürlich auch die Vorfreude, dass es ab dem 1. Mai definitiv kein Aprilwetter mehr geben wird. Ich hoffe, Petrus liest mit 😉

Der Sänger

Was macht nun der Sänger? Denken wir an einen Solisten. Er oder sie stellt sich hin, allein vor alle anderen, und singt eine Geschichte oder eine Emotion für die Zuhörer. Weil eine Stimme oft nicht so laut ist, muss man schon auch gut zuhören, um alles mitzubekommen. Man will ja gerne die Schönheit der Stimme, der Melodie, den Text und die Story dahinter hören, aber auch die Emotion, die mit den Tönen transportiert wird, erfassen. Nur so verpasst man nichts von dem Moment. Ich glaube, darin liegt schon eine große Portion der Magie: diese volle Aufmerksamkeit, mit der wir zuhören! Wir konzentrieren uns auf nur diese eine Person und blenden anderes aus. Das macht die Kommunikation intensiv und das Erleben stark.

Singen ist körperliche Arbeit. Ja, das ist wirklich wahr! Man kann es bei den Sängern unterschiedlich spüren, aber das richtige Bereitstellen von Luft, die Führung langer Phrasen, die Formung von Vokalen und Resonanzräumen, die stete Arbeit um Konsonanzen, das alles gehört dazu. Und wer den Ausdruck seiner Story sehr ganzheitlich singt, hat dazu noch Mimik, Gestik und vielleicht auch noch Schritte oder Sprünge. Das alles gibt uns der Sänger, das alles tut er für uns. Wow.

Natürlich sind das auch alles wieder Infos, die unser Gehirn aufsaugt und verarbeitet, weswegen wir gerne noch viel aufmerksamer zuhören. Das geht übrigens ja auch den Kindern im Kindergarten so. Die hören mir viel besser zu beim Singen, wenn ich mit Mimik und Gestik singe, die zum Text passt. Und die Kleinen machen das oft sofort mit – sehr süß.

Dieses ganzheitliche Singen oder Darstellen einer Rolle ist großartig. Es verstärkt die emotionale Kraft und Wirkung des Sängers total. Und wenn wir das hören, sind wir von der Fülle dessen, was der Sänger uns erzählt, oft total ergriffen. Und auch, wenn der Sänger oder die Sängerin nicht seine eigene, persönliche und private Geschichte erzählt, macht das nichts. Wir identifizieren die Aussage mit dieser Person. Diese Person gibt uns so viel von sich selbst. Sie öffnet sich derartig intensiv für uns mit ihrem Gesang. Sie schenkt uns soviel von sich selbst. Da ist sie, die Magie des Singens. Jemand teilt sich uns mit, mit ungeteilter Aufmerksamkeit, schenkt uns Einsicht in sein Inneres (stimmt zwar nicht, fühlt sich aber so an und deswegen ist es doch irgendwie wahr). Wir hören mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu. Kommunikation auf höchstem Niveau – wie sonst nur bei Liebespaaren. Diese Intensität haut uns oft um und dann verliebt man sich irgendwie und ein bisschen in den Sänger. Krass, oder? Aber auch total schön.

Und im Chor?

Ja, im Chor ist das auch so. Und noch mehr. Wir treffen uns in den meisten Chören ja jede Woche. Da ist ganz viel „Hallo, wie geht’s?“. Wir connecten einmal mit der großen Chor-Family. Das musikalische Rudel ist komplett, sitzt schön zusammen ums Klavier (früher stand das Lagerfeuer im Mittelpunkt), Feierabend, Entspannung und Erleben.

Und dann haben wir eine krass intensive Kommunikation. Der Chorleiter teilt sich mit. Ok, das bin ich. Oft dachte ich, ich hätte ein Mitteilungsmonopol. Irgendwie habe ich das ja auch. Stimmt aber nicht, da ist noch viel mehr. Die Chorsänger teilen sich untereinander mit (nicht nur mit gesungenem Wort). Und die Chorsänger teilen sich mir mit – es lohnt sich immer, auch mal nicht in die Noten zu schauen. Wobei sich auch ein Sänger, der in die Noten schaut, mir mitteilt 😉

Ich schaue den Chorsänger an und teile im Idealfall gute Dinge mit wie: Schön, dass du da bist, du klingst gut heute! Der Chorsänger strahlt auch etwas aus, vielleicht etwas wie: ich liebe dieses Stück, endlich kann ich wieder singen und „Hallo“. Manche strahlen vielleicht auch aus „ich bin noch nicht sicher“ oder „diese Stelle kann ich wirklich gar nicht“, das gibt es natürlich auch.

Und die Chorsänger teilen dies ja auch (nonverbal und oft auch verbal) mit ihren Nachbarn. Man sucht sich seinen Nachbarn ja auch danach aus, ob man die von ihm / von ihr vermittelten Informationen mag.

Der Mensch ist einfach ein hochgradig kommunikatives Wesen und dieses Bedürfnis nach Mitteilung wird in Chorproben einfach unglaublich angesprochen.

Natürlich liegt viel von der Magie des Singens in Chören in der Gemeinschaft, die oft lebensbegleitend, also über Jahrzehnte, besteht. Aber die Magie kommt bestimmt auch von den vielen guten Dingen, die in Körper und Psyche beim Singen passieren: von einer oft guten und geregelten Atmung über die Verbindung von rechter und linker Gehirnhälfte, das Verstummen der gerade bei Frauen oft dauerquasselnden inneren Stimme, der Genuss, das jetzt mal jemand anderes entscheidet, was man jetzt tun soll, die Freude an der gebündelten Energie, weil so viele Menschen gerade auf das gleiche Ziel ausgerichtet sind.

Aus Sicht einer Chorsängerin beschrieben kann sich das dann so anhören: Singen, ReJOYce, glücklich sein.

Das gemeinsame Musikmachen

Als Chorleiterin nehme ich das sehr stark wahr: jeder Chorsänger sendet extrem viele Informationen, genau wie ein Solist. Aber dann wollen wir auch als Gruppe agieren. Damit ordnet sich der Einzelne auch immer in die Ziele der Gruppe ein. Es ist in meinen Chören erklärte Aufgabe, zu hören, wie die anderen singen und so zu singen, dass es gut zusammen klingt. [Das ist jetzt wirklich kein Alleinstellungsmerkmal meiner Chöre, aber ich wollte es mal so deutlich sagen 😉 ]

Wir erzählen gemeinsam Geschichten. Zum einen über den Text, den wir singen, aber auch die Musik ohne Text erzählt Geschichten, emotionale Geschichten von Freude, Trauer, Zorn, Heldentum und vielem mehr.

Und wenn man das lange genug macht, also z.B. bei Probenwochenenden oder Konzertwochenenden, da passiert noch etwas anderes. Wieder eine neue Facette der Magie des Singens.

So ein Wochenende ist anstrengend. Vielleicht werden wir ein bisschen dünnhäutig. Damit sind wir dann sensibler für Verletzungen, aber auch offener für das gemeinsame Erleben. Mir geht es oft so, die Kommunikation wird noch intensiver und wir kommen in ein Gemeinschafts- und Gruppengefühl, dass viele aus ihrer Jugend durch das endlose Verbringen gemeinsamer Zeit mit den besten Freunden kennen. Und das ganze übrigens total analog.

Und die gemeinsame Freude, die wir im musizieren erleben, in den gemeinsam erzählten Geschichten, dem schönen Klang, der gemeinsamen Atmung und Bewegung, wird durch die Anstrengung und die die dadurch erhöhte Sensibilität auch noch intensiver.

Ja, und da ist sie, die Magie des Singens. Darauf stehen wir. Gute Musik, nette Menschen, ein hoher Grad an Verbundenheit, gute und tiefe Kommunikation und vieles mehr. Ich bin immer sehr dankbar, wenn das passiert. Und bei ReJOYce passiert es eigentlich bei jedem Konzert.

Gudrun

 

 

 

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